Röcke  machen Männer

Schubladen

Wenn ich mich hier von nachstehenden Gruppen distanziere, dann nur um aufzuzeigen, das die noch immer gängigen Schubladen in die Mann mit Rock gesteckt wird, nicht passen und mit Schubladendenken die Welt in ihrer Vielseitigkeit nicht real erfasst werden kann. Ansonsten ist es mir egal, ob ich für schwul etc. gehalten werde, denn ich habe nichts gegen Schwule, Transvestiten, Transsexuelle ; einige machen sich dabei oft noch nicht einmal die Mühe zu unterschieden. Außerdem ist es keine ansteckende, unheilbare, total schlimme Krankheit, genau so wenig wie heterosexuelle Otto Normalbürgerlichkeit.

Somit  muss ich denjenigen, der mich für schwul hält,  enttäuschen ;-) 

Im Rock wird Man(n) häufig für schwul gehalten. Warum ? Kaum jemand käme auf die Idee eine Frau mit Hosen für lesbisch zu halten. Nach der These „ Mann mit Rock = schwul“ wäre das jedoch die Schlussfolgerung. Natürlich gibt es Schwule, die auch Röcke tragen, jedoch wesentlich weniger als heterosexuelle Männer. Und es gibt lesbische Frauen, die auch Röcke tragen und nicht nur Hosen.

Unsere Gesellschaft setzt Heterosexualität als Norm voraus. Schwul wird man(n) nicht, weder durch das Tragen von Röcken, Ohrringen , Schwester´s Kleidung als Kind oder sonstigem. Homosexuell ist man von Geburt an. Homosexuell / `Schwul werden`meint oft den Prozess der Selbsterkenntnis, der meist mit der Entdeckung der Liebe zu Menschen des eigenen Geschlechtes einhergeht, gemein hin als `coming out`bezeichnet.       

“Schwule tragen Röcke und Frauenklamotten”. Abgesehen von Conchita Wurst ist damit oft der „Christopher Street Day“ gemeint, dessen Hintergründe mehrheitlich kaum bekannt sind. Vor einigen Jahren noch hatte dieser Tag einen politischen Hintergrund. Es war schlicht und einfach eine Protestdemo für mehr Rechte von Homosexuellen und Toleranz. Um ein Nachdenken über die herrschenden moralischen Normen zu provozieren, verkleidete Man(n) sich            (teilweise)  als Frau. Heute sieht man da kaum noch weibliche Verkleidungen, und es ist eine Art zweiter Karneval mit politischen Losungen geworden. Und: beim ersten Karneval (im Februar/März) laufen ja auch Hetero-Männer als Frauen und Frauen als Männer verkleidet herum. 

Transvestit(en) kleiden sich nicht nur mit Rock und Strumpfhose. Sie wollen insgesamt eine Frau sein, mitsamt der daraus resultierenden Rolle und einem weiblichen Körper, und sie wollen vorrangig als Frau wahrgenommen werden. Transvestiten versuchen daher ganzheitlich als Frau aufzutreten. Angefangen von komplett weiblicher Kleidung  (nicht explizit Röcke, auch Damenhosen), Schuhe, Haare, Frisur, Lippenstift, Schminken bis hin zu weiblichen Bewegungen und Verhaltensweisen. Der Begriff `Transvestit` wird heute ausschließlich auf Männer angewandt, obwohl er ursprünglich beide Geschlechter meinte.  Tatsächlich kommen wir nicht auf die Idee, eine Frau in Hosen wolle vielleicht lieber ein Mann sein. Fehlerqouten sind dabei natürlich nicht ausgeschlossen. Doch diese Neigung ist bei Frauen sozial eher unauffällig (ganz im Gegensatz zu den für Männer gültigen gesellschaftlichen Konventionen), da diese in Männerkleidung einen mittlerweile allgemein  akzeptierten bzw. auch durch die Mode propagierten Anblick darstellen.

Transsexualität kann man – zugegebenermaßen sehr stark vereinfacht - als Art der Steigerungsform von Transvestismus verstehen, was sich grob umrissen so darstellt : Derjenigen / Demjenigen Transvestit ist auf Dauer mit zeitlich begrenzten Wechseln seiner geschlechtlichen Identität nicht zufrieden und möchte einen dauernde Änderung. Am bekanntesten dabei ist landläufig die Geschlechtsanpassung (des Körpers an die Seele), die nicht in allen Fällen eine veränderte persönliche Identität mit sich bringt. Anstatt „Transsexualität“ setzt sich immer mehr der Begriff  Transgender durch. Damit verknüpft ist in wesentlich stärkerem Maße die Frage der inneren und äußeren sexuellen Identität, von denen es sehr viele feine Abstufungen gibt. 

Du siehst, mit Röcken hat das Ganze herzlich wenig zu tun.

Da ist der Begriff Crossdresser schon näher dran. `Crossdress` - aus dem Englischen in etwa übersetzt mit „Gegenkleidung“, sagt schon eine ganze Menge aus. Es geht im Grunde um nichts anderes als die Kleidung des anderen Geschlechts zu tragen. Auch dieser Begriff ist bei uns umgangssprachlich den Männern vorbehalten, obwohl dazu keinerlei Gründe offensichtlich sind.  Folglich sind Frauen mit einzubeziehen, sobald sie eine Jeanshose tragen.

Über den,  in dem Zusammenhang `Mann im Rock `mitunter verwendeten,  Begriff `Fetischismus` existieren letztendlich meist nur  Wage Vorstellungen. Unsere Fremdwörterbücher geben dazu zusammengefasst folgendes her : Eine Art der Verehrung und Anbetung von bestimmten Gegenständen vorwiegend im religiösen sowie im sexuellen Bereich. In Letzterem auch auf bestimmte Körperteile bezogen und letztendlich mit dem Hintergrund der sexuellen Stimulierung. Nirgendwo ein Hinweis auf ausschließlich eines der Geschlechter und auf Männer mit `Frauensachen   `, was die Möglichkeit der umgekehrten Variante offen läßt, ( nur dass dabei niemand von Fetischismus spricht, sondern allenfalls von maskuliner Damenmode. )  

Metrosexuell : Es lebe die Kategorisierung !  Wenn wir etwas nicht verstehen ( wollen ) , wenn Dinge nicht in unser Raster-Weltbild passen, machen wir einfach eine neue Schublade auf, schaffen einen neuen Begriff. - OK, gut, wem es hilft, bitteschön gern.  Dennoch, (knapp) daneben ist auch vorbei. Ein Mann, der sich um sein Aussehen kümmert, gezielt statt wahllos in seinen Kleiderschrank greift und trotzdem nicht schwul ist, nennt man neuerdings "metrosexuell".                       Das klingt interessant und läßt sich zudem wunderbar vermarkten. Seitdem darf der Mann auch Tageslotion, Nachtcreme und Make-up ; Stoffe jenseits der schweren Baumwolle und Farben außerhalb des Dunkelspektrums kennen. Die umsatzrückgang-gebeutelte Konsumindustrie horcht auf, und man könnte den Trend zum Metrosexuellen glatt für eine ihrer Erfindungen  halten.

Doch es gibt ihn mittlerweile wirklich.  Zunächst war er nur eine Idee des englischen Journalisten Mark Simpson, der mit dieser ironisch gemeinten Bezeichnung den idealen männlichen Konsumenten definieren wollte. Knapp zehn Jahre später ist Fleisch und Blut aus ihm geworden. Nun müssen wir damit leben, dass ein begabter, aber eigentlich nicht besonders interessanter Fußballspieler, der sich Zöpfe dreht und ungeniert Haarreifen und Nagellack trägt , als die Stilikone unserer Zeit gilt.      

Der Mann befreit sich von Klischees und tut was er will. Er  braucht sich sogar seiner Tränen nicht mehr zu schämen. Herzlichkeit wird nicht mehr als Schwäche ausgelegt. Unmännliches gibt es nicht mehr. Männer erhalten ein Recht auf Schönheit.

Ich sehe mich nicht als metrosexuell. All das sollte als ganz normal und menschlich gelten.

Mit am Schnellsten ist Mann im Rock als pervers abgetan, ebenfalls öfters, ohne dass der Verwender dieses Wortes um die Bedeutung weiß, und ohne dass mich die Kategorisierung juckt. Da stört mich die meist falsche Verwendung des Begriffes schon eher. Pervers heißt ja eigentlich nichts anderes als abnorm, abweichend, abartig, verdreht und so etwas in der Richtung bis hin zu `krankhaft`.  Abartigkeit rührt mitunter aus Heimlichkeit, verstecktem Tun, weil es keiner mitkriegen soll, eben wegen -angenommener bzw. tatsächlicher-  entgegenstehender Normen / Konventionen /  Gesetze. Offenes Tun gilt eher als ungewöhnlich denn als abartig. Um genauer zu wissen was `abnorm` ist stellt sich erst einmal die Frage nach dem was `normal` ist.