Röcke  machen Männer

w h a t    i s ?

Erklärungsversuche - für alle, die es genau  wissen  wollen

Rationale  Argumente gegen das Tragen von Röcken als Mann sind mir nicht bekannt.

Was ist es dann, warum wir meinen, das könnte so nicht sein ?

Mit dem mir dazu zur Verfügung stehenden Wissen würde ich es so erklären :

Das Ganze geht los, wie sollte es anders sein, wenn wir noch ganz klein sind. Anfangs leben Säuglinge in einer Symbiose mit der Mutter. Später, in etwa vom Kleinkindalter aufwärts, dann beginnt das Kind seine eigene Identität zu entdecken und es begreift, daß es anders ist als die Mutter. Dies ist teilweise ein schmerzhafter Prozeß. Bei Mädchen bleibt noch die geschlechtliche Idendität die Selbe, während Jungen den größeren Unterschied zu bewältigen haben. Jungs versuchen dann, ihre andersartige Identität besonders zu betonen, um psychisch stabil zu werden. Mädchen dagegen leben männlichen Eigenarten ohne Probleme für ihre geschlechtliche Identität problemlos aus. Jungs haben große Probleme mit den weiblichen Eigenarten ihrer Identität, auch einfach – weiblichen Seiten  genannt. So ungefähr lautet die Kurzfassung der Theorie von Elisabeth Badinter in dem Buch "Ich bin Du : die neue Beziehung zwischen Mann u. Frau oder Die androgyne Revolution" .                                                                                              Auch wenn das nur ein Grund neben anderen ist, so lassen sich damit unsere landläufigen Geschlechterbilder einschließlich Bekleidung in ersten Ansätzen plausibel erklären. Unser jetziges geschlechts- und rollenspezifisches Verhalten ist nicht nur rein biologisch begründet. Sehr viele Vorstellungen und innere Bilder erwirbt der Mensch im Kleinkindalter. Die Erfahrung zeigt, daß innere Bilder umso mehr Widerstand gegen eine Veränderung leisten, je früher sie erworben sind. Prägungen vor Ende des zweiten Lebensjahres sind später (fast) überhaupt nicht mehr umkehrbar.

Das Verhalten der Kinder, Lob+Strafe, erlaubt+verboten, das alles wird von den Erwachsenen festgelegt. Kinder beobachten dabei, ahmen nach, lernen. Ab dieser Zeit übernehmen Kinder alle Informationen und Verhaltensmuster , auf Grund des besonderen Vertrauensverhältnisses,  ungeprüft von ihren Eltern.

Bereits bei 4-Jährigen Kindern differenzieren Spielzeugfirmen ( u.a. LEGO 1997) das Lebenswissen nach Jungen und Mädchen. (aus dem Buch  "Let´s kill Barbie; Wie aus Mädchen tolle Frauen werden" von Cheryl Benard und Edit Schlaffer).  Die Welt der Jungen wird dabei grob und dunkel, die der Mädchen dagegen niedlich und harmlos präsentiert.  Die Autoren fanden weiterhin heraus, daß zusammen mit dem vorgelebten Rollenverhalten der  Eltern, Lehrer und Freunde eine Sozialisation entsteht, die nichts mit ´negierten Unterschieden zwischen den Geschlechtern zu tun hat. Ab frühester Kindheit ist die primäre  Sozialisation mitsamt der Rollenfixierung feinsäuberlich nach Geschlechtern getrennt.

Unsere Gesellschaft  unterteilt Geschlechter nicht nach gezeigtem Verhalten, sondern bewertet das Verhalten nach Geschlechtskonformität. Da gerade Kleinkinder großen Wert darauf legen, ihrem eben eroberten Geschlecht entsprechend auch definiert zu werden, versuchen sie sich mit denen, in sie hinein projezierten, Eigenschaften zu identifizieren. 

Geschlechtsspezifische Grenzen des Rollenverhaltens werden für Mädchen großzügig hinaus geschoben und rollenüberschreitendes Verhalten belobigt und hervorgehoben. Bei Jungen wird  im besten Fall über mädchenhaftes Verhalten stillschweigend hinweggegangen. Im schlimmeren Fall wird bei nächster Gelegenheit korrigierend eingegriffen, (fast) nie jedoch wird ein Junge - und seien die Eltern noch so progressiv - für typisches Mädchenverhalten auf positive Resonanz seiner Umgebung stoßen und dies gar nachhaltig und öfter. Die oftmals sicher gedankenlosen Bemerkungen wie „ ... ein Mädchen schlägt nicht .... „   „.... Jungs weinen nicht .... „  sind sattsam bekannt und erzieherisch wirksamer als oft angenommen. 

So ist es erklärbar, daß im Erwachsenenalter ein Konflikt auftreten kann, indem ein durch Vernunft entstandener Gedanke im Widerspruch zu einem inneren Bild steht, das im Kleinkindalter  erworben ist, auch - sozialisationsbedingte - Gefühle genannt. (Ein solcher Konflikt bedeutet nicht, daß der betreffende Mensch unvernünftig ist. Unvernünftige Menschen haben mitunter seltener solche Konflikte, weil sie weniger nachdenken, also weniger Gedanken entwickeln, die gegen ihre inneren Bilder stehen.)       Die in der Primärsozialisation erworbenen Verhaltensmuster behält der Mensch meist zeitlebens .

Er kann sie mitunter umso schwerer ablegen, je früher sie erworben sind, sofern er das überhaupt will.    

Zudem kommen mit fortschreitendem Alter die Erziehungsmuster zu Männlichkeit wie unter gleichnamigem Punkt bereits beschrieben :  Wer ein Mann sein will / soll, hat alles zu vermeiden was als weiblich gilt.

Ab dem 12. Lebensjahr denkt der Mensch noch maximal, maximal(!) 20%, meist sogar nur noch 5% oder weniger originelle bzw. neue Gedanken. Die restlichen 80 bzw. 95% laufen wir eine in den ersten zwölf Lebensjahren festgelegte Gedankenstrasse auf und ab. Wir reagieren fast nur noch aufgrund antrainierter Verhaltensweisen.  Mit Schuld daran ist ein Teil des Gehirnes Namens „Hippokampus“ .  „Er filtert eingehende Sinnesdaten danach, ob sie zu dem schon in Gehirn gespeicherten Weltbild passen oder nicht.“   Der Hippokampus sucht also bei der Verarbeitung von Neuem / Ungewöhnlichem zunächst nach passenden Schubladen.  „Unser Gehirn kann zwar sehr komplizierte Zusammenhänge durchschauen, tut es aber nicht gerne, denn das kostet Energie, und Energieverbrauch ist normalerweise etwas, was man sich nur in der Not erlaubt“.  „Was nicht passt, wird verworfen, bevor das Bewußtsein merkt, dass eine Entscheidung getroffen wurde. Nur so läßt sich ein in sich ein  schlüssiges Weltbild konstruieren. Wenn der Hippokampus gut arbeitet, kommt ziemlich wenig Neues ins Bewußtsein, das das vorhandene Weltbild stören könnte. Für uns nichtinstinktgeleitete Lebewesen sind solche Sicherheiten zweiter Hand notwendig um nicht in der Beliebigkeit völlig verwirrt das Überleben zu verlernen. Wenn der Hippokampus schlecht arbeitet, kommen ständig neue Ideen, sei es durch äußere Sinnesdaten, sei es durch Unbewußtseinsinhalte angeregt. Sie kommen ins Bewußtsein und der Mensch muß mit ihnen klar kommen. Schafft er es nicht, wird er wahnsinnig. Schafft er es, wird er ein Künstler, ein Revolutionär oder sonst eine sehr eigensinnige Gestalt“.  (Michael A. Schmiedel)    Oder er lebt sehr bewußt.

Ein anderer Punkt ist nicht weniger relevant, wenn wir verstehen wollen, warum Röcke für Männer noch immer eine Art Tabu sind.

Als die Frauen anfingen Hosen zu tragen, hatten  sie eine deutlich niedrigerer soziale Stellung als Männer. Es ging für die Frauen dabei nicht nur um ein Kleidungsstück, sondern es war ein bewußter Akt gesellschaftlicher Revolte. Sie hatten viel zu gewinnen und wenig zu verlieren. Das Tragen von Hosen war ein Sinnbild der Emanzipation der Frau.

Heute glauben offensichtlich noch immer  einige, daß Man(n) etwas  verliert / einbüßt, wenn Man(n) Rock trägt. Denn, machen wir uns nichts vor : Dieses (veraltete)  Wertesystem ist noch immer präsent. Karriereorientierte - ich nenne sie mal - Bussinessfrauen tragen auffällig oft strenge Hosenanzüge.  Nur Frauen mit wirklichem Selbstbewußtsein trauen sich auch an feminine Ausstrahlung.